Zombiefreund: „Du konntest ja schon immer singen“

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(m)Ein Klavier! (m)Ein Klavier!

Als ich noch Zielgruppe der NEON war, hab ich in eben dieser Zeitschrift einen Artikel über Facebook-Zombie-Freunde gelesen.
Grundschulfreunde, deren Namen man schon fast vergessen hat. Die dann plötzlich mit einer Freundschaftseinladung ihre ungefragte Rückkehr in dein Leben verkünden.

Irgendwann habe ich mir tatsächlich mal die Mühe gemacht und alle längt vergangenen Freundschaften einfach rigoros zu kündigen, mich eben dieser Zombie-Freunden zu entledigen.

Einen habe ich scheinbar vergessen. Dieser schrieb mir gestern eine Nachricht: Ob ich zum Polterabend einer Mitschülerin aus der Grundschule komme. What?? Wieso das denn??? Ich wusste nicht mal, dass die heiratet.
Ich habe ihm ganz ehrlich geschrieben, dass ich es komisch finde, da wir uns jetzt nicht grad nahe waren. Er meinte, dass er es schön fände, weil wir in Kindergarten und in der Grundschule zusammen waren (Ich war sogar noch im Gymnasium mit ihr in einer Klasse.) So what??
Kennt ihr das auch? Macht man das so? Geht man auf Zombie-Freundes-Polterabende?
Also ich für meinen Teil will die alle ganz bestimmt nicht an meinem Polterabend wiedersehen.

Wenn man dann schon tatsächlich mit Zombiefreunden in Kontakt tritt und nicht nur ihre Bilder auf der Timeline bewundert, haben wir uns dann Smalltalk Fragen zu unserem Leben gestellt. Als ich schrieb, dass ich freiberufliche Sängerin bin, kam die Antwort: „Du konntest ja schon immer singen.“
Das mag blöd klingen, aber ich bin immernoch ein wenig pikiert.
Das klingt so einfach.
So ohne Stress.
So ohne Gesangs-, Klavier-, Musiktheorie- und Chorunterricht.
So ohne 3 mal die Woche zur Musikschule nach der normalen Schule.
So ohne Schulwechsel für ein Musikabitur.
So ohne ständiges Rumgereise zu Wettbewerben.
So ohne fast tägliches Üben.
So ohne Musikstudium an einer der besten Musikhochschulen der Welt.
So ohne nach dem Gesungsstudium noch privat zu Lehrern rennen.

„Du konntest ja schon immer singen“

NEIN! Mein lieber Zombie-Freund. Das war harte Arbeit.
Es hat mir aber nochmal gezeigt, wie selbstverständlich Menschen künstlerisches Talent wahrnehmen.
Wie sagt man? 1 % Talent, 99% Arbeit.

„Du konntest ja schon immer singen.“
Graaa… dieser Satz kreist in meinem Kopf und lässt mich nicht los.

Das ist genauso wie: „Du singst? Los mach mal. Sing mal was….“

11 Gedanken zu “Zombiefreund: „Du konntest ja schon immer singen“

  1. Ärgere Dich nicht ! Vergiss es einfach. mit Leuten aus der Schule möchte ich auch nichts mehr zu tun haben. ich hab eigentlich niemandem nahegestanden und will deshalb auch keine Freundschaften mit diesen Leuten auf Facebook eingehen, eine hat mich mal gefunden, die hab ich sofort wieder entfreundet und geblockt, weil sie mich damals in der Schule gemobbt hat.

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    1. Grad als Opfer vom Mobber ne Einladung zu erhalten ist wohl wirklich merkwürdig.
      Diejenigen aus der Schule, die ich noch sehen möchte, sehe ich noch. Der Rest ist mir egal.
      Manchmal stalk ich noch Leute von damals, aber nachdem die Neugier befriedigt ist, sind auch die mir egal, ein kurzes ‚Achso‘ reicht mir schon xD aber treffen muss ich sie nicht. 😶

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  2. Ich hatte jemanden auch schon mal so etwas ähnliches gesagt, das sollte aber keine Abwertung sein, sondern eine Anerkennung gar Bewunderung für ein Talent. Das da Arbeit hinter steckt, mag sein, aber seien wir ehrlich, dass können nur die beurteilen, die einen ähnlichen Job machen. Bei meinem Job denken auch viele, sie könnten ihn auch machen. Klar, können viele den machen, aber es gibt auch qualitative Unterschiede 😉

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    1. Natürlich wollte er mich nicht beleidigen. Ich nehme es ihm auch nicht wirklich krum. Das war viel zu beiläufig.
      Für mich stand es aber einfach für die vielen Bemerkungen, die einen nur auf Talent degradieren und kein Verständnis dafür aufbringen, was alles dahintetsteht und dass es vielleicht mehr ist, als nur schön singen. Gewisse Dinge werden für selbstverständlich gehalten (à la „sing mal. Kannste doch. Ist doch easy.“ Ich bin nicht der partyclown). Egal aus welchen Genre/Beruf/Tätigkeitsfeld man kommt. (Damit meine ich nicht direktes Feedback zur Tätigkeit an sich).
      Seine (zombiefreunds) Anmerkung war eben kein Kompliment. Es war einfach ne logische Schlussfolgerung seiner Erinnerung an mich aus Grundschulzeiten, komplett ohne Wertung. Das summiert noch mit anderen ähnlichen Erlebnissen haben mich einfach ein bisschen geärgert. Vielleicht habe ich etwas überreagiert, aber irgendwie musste das aus mir raus. Und nu haben wir nen Blogpost und ich fühle mich besser 🙂

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  3. Überlege dir das mit dem Polterabend noch mal. Deine Chance dem Typen sowas von eine in die Fresse zu hauen, wegen dem blöden Spruch 👊🏻 das Klavier sieht echt schick und edel aus. Ich stell mir gerade vor, wie deine Finger über die Tasten tanzen und dein Kopf hin und her wiegt. 😘

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    1. Nee nee, ist nicht meine Art. Ich lass mich dann lieber in nem Post aus und läster hinterrücks xD außerdem gehört er ja irgendwie zu den Guten, wenn er für so einen Einlass die Vergangenheit zusammentrommelt. Während ich auf all die Leute pfeife, ist das von ihm ja schon fast ritterlich. Hat nur eben kein Gefühl für die heilige Kunst, dieser Tor 😉
      ich liebe mein Klavier auch. Zugemüllt zwar mit Noten, aber so muss das 😉 das ist sogar die aufgeräumte Variante. Ich bin ein Chaot… 😛

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  4. Ich kann dich total verstehen. Ich war Deutschlehrerin (für Fremdsprachler) und als solche kann ich mir die gleichen dämlichen Sprüche anhören: Ja, Deutsch unterrichten kann ja jeder, der Deutsch kann. – Ich hätte auch was machen sollen was ich eh schon kann.
    Es ist das gleiche Lied wie bei dir: es war harte Arbeit, mich zu bilden und dieses Handwerk zu erlernen. Und dann muss ich mich ständig dafür rechtfertigen, dass ich etwas studiert habe, was ich ja eh schon kann. Haha. Vielen Dank auch. Ich finde es gut, dass du da drüber stehst 🙂

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    1. Die Formulierung macht’s. Hätte er geschrieben: „du hast ja schon immer gesungen“ oder „du hattest ja schon früher talent“, dann wärs ok gewesen. Ich bin bei sowas aber auch wirklich feinfühlig (meine Schwester würde sagen: zu empfindlich ^^).
      Als ich früher sagte, dass ich Gesang studiere, war die häufigste Reaktion: „das kann man studieren??“.
      Tut mir leid, dass du dich auch oft im Rechtfertigungszwang findest.
      Genau, wir stehen da drüber 😉

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  5. Liebe Katinka, was soll ich dazu sagen. Menschen, die deplazierte Sachen sagen, habe ich auch gerade zur Genüge um mich. Und genauso wie du, mache ich mir darüber Gedanken. Aber glaube mir, wir machen uns viel mehr Gedanken als dein alter Klassenkamarad. Der hat einfach gesagt, was ihm in den Sinn kam und hat sich nicht selbst reflektiert. Hättest du ihm mal deine hier formulierte Antwort geschrieben. Hätte mich mal interessiert, was dann passiert wäre. 🙂

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    1. Izzie, da ich dir jetzt gar nicht in echt geantwortet habe, kommt also doch Geschreibsel 😉
      Mein Post stand stellvertretend für alle die, die gewisse Dinge für selbstverständlich wahrnehmen und den Aufwand dahinter vielleicht zuerst (vielleicht auch nie) sehen. Ich schätze, dass er die Heftigkeit meiner Reaktion gar nicht nachvollziehen könnte, genau weil es nur ne beiläufige Bemerkug seinerseits war. Ich denke, manche Menschen werden das eigentliche „Problem“ nicht mal erkennen, wenn man sie daraufhinweist. Sie hätten es dann ja sicher nicht so gemeint und man sei ja überempfindlich….
      Naja, Unsensible Menschen kann man glaube nicht bekehren. Dumme Kommentare muss man dann wohl einfach akzeptieren, in der Hoffnung, es selbst besser zu machen.

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